Im heutigen Interview haben wir einen besonderen Gast: Michael Vetter, Gründer der iodata GmbH und Vorstand des neuen Vereins SDSC. Als Experte für Datenanalyse und Business Intelligence hat er maßgeblich zur Entwicklung innovativer Lösungen im Bereich Smart Data und Künstlicher Intelligenz (KI) beigetragen. Im Gespräch mit Dr. Andreas Wierse, Geschäftsführer von Sicos BW, gibt er spannende Einblicke in die langjährige Zusammenarbeit mit dem Smart Data Solution Center Baden-Württemberg (SDSC-BW) und berichtet von dessen Neugründung als Verein. Dessen Ziel: Forschung und Wirtschaft an einen Tisch bringen und gemeinsam an der praktischen Umsetzung von KI- und Big Data-Technologien arbeiten.
Sie hören lieber? Hier geht es zum Podcast mit Michael Vetter.
Dr. Wierse: Heute haben wir einen besonderen Gast bei uns, einen alten Freund und Weggefährten, Michael Vetter von der Firma iodata. Wir haben in der Vergangenheit viel zusammen im SDSC-BW gemacht. Heute wollen wir über den nächsten großen Schritt sprechen – über den Verein, den wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Michael, stell dich doch bitte kurz vor!
Vetter: Sehr gerne! Ich habe damals an der Technischen Hochschule studiert, die heute als KIT (Karlsruher Institut für Technologie) bekannt ist, und bin Wirtschaftsingenieur. Nach zehn Jahren bei Siemens habe ich mich selbstständig gemacht und im Jahr 2000 iodata gegründet. iodata ist ein Unternehmen, das sich auf Business Intelligence und Datenanalyse spezialisiert hat. Daten und Kennzahlen liegen uns sozusagen im Blut.
Vor etwa zehn Jahren besuchte ich eine Veranstaltung der IHK, bei der du, Andreas, und Prof. Dr. Michael Beigl im Namen des SDSC-BW über Big Data für den Mittelstand in Baden-Württemberg referiert habt. Das Thema Big Data war für iodata und mich damals eine Herausforderung, aber auch eine große Chance, und so begann nach ein paar Gesprächen unsere Zusammenarbeit. Als iodata haben wir uns an Projekten beteiligt, die sich mit Potenzialanalysen für Unternehmen beschäftigten – also Daten gesichtet und geschaut, ob hier noch ungenutztes Potenzial für die Unternehmen vorhanden ist.
Dr. Wierse: Das war kurz nachdem wir als Sicos BW das SDSC-BW gestartet hatten. Die Resonanz auf unser Angebot war anfangs verhalten, und es war nicht leicht, Unternehmen zu finden, die mitmachen wollten. Es hat uns sehr geholfen, dass du dich gemeldet hast, denn ihr hattet bereits Erfahrung und größere Kunden an Bord.
Vetter: Ja, Herrenknecht war das beispielsweise. Wir haben uns auf Produktionskennzahlen konzentriert und aufgezeigt, welche Möglichkeiten es gibt, um mithilfe von Simulation, KI, und Predictive Analytics Engpässe in der Produktion vorherzusagen. Das hat dem Unternehmen enorm geholfen.
Dr. Wierse: Ihr habt also auf Basis der euch zur Verfügung gestellten Daten geschaut, welche Vorhersagen getroffen werden können?
Vetter: Genau. Man könnte sagen, die Datenanalyse ist der erste Schritt – Daten zu ordnen, sie an einem Ort zu speichern und ihre Bedeutung zu verstehen, um sie dann für KI und Predictive Analytics zu nutzen. Mit KI und Predictive Analytics kann man dann noch einen Schritt weitergehen und Muster erkennen, um zukünftige Entwicklungen vorherzusagen. Für uns als iodata war das ein spannender Ansatz, aber wir sind kein KI-Spezialist. Deshalb suchen wir immer wieder nach Kooperationspartnern.
Dr. Wierse: Das bezieht sich ja nicht nur auf Produktionskennzahlen, sondern bietet auch Potenziale in anderen Bereichen, wie Vertrieb und Kundenentwicklung.
Vetter: Absolut. Predictive Analytics ist in allen Abteilungen relevant – sei es, um Kundenabwanderungen vorherzusagen oder den künftigen Umsatz eines Produkts zu schätzen. Datenanalyse und Business Intelligence konzentrieren sich auf das, was ist, während KI und Predictive Analytics es uns ermöglichen, in die Zukunft zu blicken.
Dr. Wierse: Mit Herrenknecht habt ihr also das SDSC-BW weiter ins Rollen gebracht. Auch wenn es nach der EU-Definition kein klassisches Mittelstandsunternehmen ist, war es ein sehr gutes Beispiel, um zu zeigen: Nicht nur die Großen können und machen das, sondern auch kleinere Unternehmen können davon profitieren! So konnten wir drei Parteien an einen Tisch bringen: Die Forscher am KIT, die ein Interesse daran hatten, ihre Technologien in die Anwendung zu bringen; Unternehmen wie iodata, die mit diesen Technologien selbst aktiv werden wollten; und dann natürlich noch die nutzenden kleinen und mittleren Unternehmen. Nach über zehn Jahren Förderung durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) stellte sich dann irgendwann die Frage, wie wir hier weitermachen.
Vetter: Das war in der Tat ein Reifeprozess. Die Gespräche dazu dauerten etwa ein Jahr, und am Ende war es die Geburtsstunde des Vereins. Und auch jetzt sind wir noch ganz aktiv dabei, den Verein zu gestalten. Das Potenzial ist riesig, vor allem im Bereich Simulation und KI. Wir wollen den Wissenstransfer zwischen Unternehmen und Forschung weiter fördern. Es ist uns wichtig, weiter ein Umfeld zu schaffen, in dem verschiedene Akteure zusammenkommen, um Lösungen zu finden, die mit bestehenden Werkzeugen noch nicht möglich sind. Der Verein soll weiter wachsen und nicht auf die bestehenden Mitglieder beschränkt bleiben. Es gibt viele Bereiche, die wir abdecken können, wie etwa rechtliche Fragen rund um KI oder die Wirtschaftlichkeit von KI-Projekten. Und die Resonanz der Unternehmen dazu ist oft sehr positiv.
Dr. Wierse: KI ist oft ein Hype-Thema. Du bringst dabei immer wieder die Wirtschaftlichkeit ins Spiel und betrachtest das Ganze sehr pragmatisch.
Vetter: Ja, KI ist ein Werkzeug, kein Heiliger Gral. Es geht darum, wie wir sie sinnvoll nutzen können, um echten Mehrwert zu schaffen. Unsere Aufgabe im Verein ist es, dieses Wissen an Unternehmen weiterzugeben und zu zeigen, dass KI kein Selbstzweck ist.
Dr. Wierse: Wie geht es jetzt weiter?
Vetter: Intern arbeiten wir gerade an der Organisation des Vereins – wie wir kommunizieren, welche Leistungen wir anbieten und wie wir uns nach außen darstellen. Es geht uns um den Wissenstransfer und darum, nicht in Konkurrenz zueinander zu treten. Die Lösungen und die Gemeinnützigkeit stehen im Vordergrund. Am 4. und 5. November 2024 stehen die Smart Data Innovation Days an, ein wichtiger Meilenstein für den Austausch rund um Data Analytics und KI. Dort sind auch Partner wie das Smart Data Innovation Lab (SDIL) mit an Bord, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt, in dem Unternehmen mit Innovationsprojekten unterstützt werden.
Dr. Wierse: Michael, vielen Dank für das Gespräch! Wir alle sind gespannt, wie sich der Verein entwickeln wird.
Vetter: Ich auch, und ich freue mich auf die kommenden Herausforderungen!